Wie sich die Pandemie auf den Schlaf auswirkt – positiv und negativ

Der 20. April 2021 | Nachrichten

Wie sich die Pandemie auf den Schlaf auswirkt – positiv und negativ

Interview - Dr. Haba-Rubio

Für einige Forscher ist die COVID-19-Epidemie die grösste globale Gesundheitskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Die mit ihr verbundenen Ängste und der Stress wirken sich in mancher Hinsicht auf die psychische Gesundheit der Menschen aus, auch in Zukunft. Darunter leidet auch die Nachtruhe, weil die psychische Anspannung bei vielen Schlaflosigkeit verursacht. Andere wiederum sehen es positiver, weil ihre eigene biologische Uhr neu in den Gleichtakt kommt.

2017 veröffentlichte das Bundesamt für Statistik Zahlen zum Gesundheitszustand und zu schlafbezogenen körperlichen Störungen in der Schweiz. 22,9 % der Bevölkerung litten an «durchschnittlichen» Schlafstörungen, 6,3 % gar an «pathologischen». Doch wie sieht es während einer Pandemie aus, wenn anzunehmen ist, dass psychische Stressfaktoren und ihre Auswirkungen alle Menschen betreffen? Was beobachten Schlafkliniken zur Zeit?

Darüber haben wir mit Dr. José Haba-Rubio, Neurologe und Co-ärztlicher Leiter des Florimont Sleep Center, gesprochen. Der Spezialist für Schlafstörungen arbeitet als Dozent und klinischer Forschungsprofessor an der Fakultät für Biologie und Medizin in Lausanne. Zudem ist er zugelassener Arzt am Schlafuntersuchungs- und Forschungszentrum des CHUV (Centre hospitalier universitaire vaudois).

Portrait José Huba-Rubio

 

Gibt es aufgrund der Pandemie vermehrt Konsultationen?

José Haba-Rubio: Zunächst muss man festhalten, dass Konsultationen wegen Schlafstörungen auch ausserhalb des Pandemiekontextes extrem häufig sind. Wir gehen davon aus, dass etwa ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung im Allgemeinen schlecht schläft. Bestätigt hat diese Zahl unsere letzte grosse Schlafstudie «HypnoLaus» in Lausanne. Seit dem Ausbruch verzeichnen wir zwar keinen dramatischen Anstieg der Konsultationen. Andererseits aber berichten unsere Patienten tatsächlich, dass sie mehr Angst haben. Sie sorgen sich zum Beispiel darüber, wie sich die Gesundheitskrise auf ihre Arbeit auswirkt. Klar beeinflussen diese Unsicherheiten auch den Schlaf.

Wie wirken sich diese Sorgen auf das Schlafen aus?

J-HR: Bedenken erhöhen das Risiko von Schlaflosigkeit. Schlaf ist ein sehr komplexes Phänomen. Um einzuschlafen, gibt es eine Menge Dinge, die in unserem Gehirn vor sich gehen. Ausserdem gibt es viele externe Einflüsse, denn so ziemlich alles kann die Schlafqualität stören – eine schlechte Matratze natürlich, aber auch die Präsenz von Lärm oder Licht. In diesem Kontext spielen zudem psychologische Faktoren eine extrem wichtige Rolle. 

Wird das empfindliche Gleichgewicht zwischen dem «wachen» und dem «schlafenden» System auf die Probe gestellt?

J-HR: Ja, denn die Flut angstauslösender Informationen verursacht einen Zustand des Hyperwachtums. Das Gleichgewicht zwischen dem «Wachzustand» und dem «Schlafzustand» ist sehr subtil und fragil. Läuft alles gut, erfolgt der Wechsel vom einen zum anderen ganz natürlich. In der «wachen» Phase hemmt dieses System den Schlaf und verlangsamt ihn. Beim Schlafen wird das «Schlafsystem» aktiviert, es hemmt und verlangsamt das Wachsystem. Ist das System des Erwachens sehr aktiv, weil wir Sorgen und Bedenken haben, entwickeln wir das sogenannte Hyper-Erwachen. Obwohl die Balance zwischen Wachsein und Schlaf sehr zerbrechlich ist, neigt die Wachsamkeit dazu, den Schlaf zu überwiegen. Für den Einzelnen wird es viel schwieriger, einzuschlafen. Dann ist es wirklich notwendig, ein grosses Schlafbedürfnis anzuhäufen, damit sich das Gleichgewicht zum Schlaf verschiebt. Aber selbst im Stadium, in dem der Schlaf begonnen hat, ist das Wachheitssystem noch sehr aktiv. Selbst das kleinste Geräusch genügt, um wieder hellwach zu sein. Das Gehirn fängt sehr schnell wieder mit Grübeln und negativen Gedanken an. So entsteht Schlaflosigkeit. 

Aber Sie sagen doch, dass man durch die Beengtheit wieder zum natürlicheren biologischen Rhythmus findet?

J-HR: Das stimmt in der Tat: Die Eindämmung hat es einigen Patienten, die unter Schlafstörungen leiden, ermöglicht, zu ihrem natürlichen biologischen Rhythmus zurückzukehren. Weniger «eingeengt» finden sie zu einem besseren Schlaf. Darum sollten wir auch über die Verantwortung der Gesellschaft nachdenken. Sie zwingt allen den gleichen Rhythmus auf, obwohl wir wissen, dass das für manche Menschen nicht stimmt. Die einfache Tatsache, dass man sich für variable Zeitpläne entscheiden kann, macht es möglich, zum natürlichen Rhythmus zurückzufinden.

Hat die Pandemie etwas über den Schlaf an den Tag gebracht?

J-HR: Nur wenige Monate einer Pandemie reichen nicht, um die tatsächlichen Auswirkungen auf den Schlaf zu erkennen. Was wir beobachten, bestätigt alles, was wir bereits über die Physiologie des Schlafes wissen: Es gibt Mechanismen, die den Schlaf kontrollieren und Stressfaktoren, die ihn stören können.

Ist unser Immunsystem effizienter, wenn wir gut schlafen?

J-HR: Natürlich ist die Rolle des Schlafes seit Langem bekannt, auch wenn wir nicht genau wissen, wie er funktioniert ... Schlaf bleibt auch für Forschende ein grosses Rätsel! Bis jetzt wissen wir nicht genau, warum wir schlafen. Aktuelle Forschungen haben zu diversen Hypothesen über die wesentlichen Funktionen des Schlafes geführt. Einige davon beschäftigen sich mit der Regulierung und Stimulation des Immunsystems. Während der Impfung gegen Hepatitis A wurde eine Studie mit zwei Personengruppen durchgeführt. Die erste Gruppe konnte nach der Impfung wie gewohnt schlafen, während die zweite in der Nacht nach der Impfung am Schlafen gehindert wurde. Man hat klar gesehen, dass die zweite Gruppe weit weniger Antikörper entwickelte als die schlafende Gruppe. Während des Schlafs passiert also etwas, das das Immunsystem stärkt. Was genau wissen wir nicht. Eine andere Studie zeigte Ähnliches: Man verabreichte Rhinovirus-Tropfen an Menschen, die gut schliefen und an solche, die unter Schlafentzug litten. Bei der zweiten Gruppe trat die Krankheit deutlich häufiger auf als bei der ersten. Hinzu kommt eine allgemeinere und einfachere Beobachtung: Wer krank ist und Fieber hat, ist sehr müde und braucht Schlaf. Unser Körper produziert entzündungs fördernde Substanzen, die uns zum Schlafen bringen. Sehr wahrscheinlich ist das der beste Weg, um Infektionen zu bekämpfen. Guter Schlaf stärkt also eindeutig unser Immunsystem. 

siehe Ratschläge von Dr. Haba-Rubio

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